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Der Wert des Messings

Hemmoorer Eimer

Messing in der lokalen Sagenwelt

Dinant und Dinanderien

Aachener Messing

Messing in der Alchemie

 

 

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Stolberger Messing,
ein „goldenes Metall“ mit vielen Rätseln.

Friedrich Holtz

Wir können es heute kaum glauben, aber die Herstellung von Messing war in früherer Zeit von einer Aura des Geheimnisvollen oder zumindest von einem Hauch des Unerklärlichen umgeben. Bis gegen Ende des 18. Jh. wurde die aus Kupfer und Zink bestehende Messinglegierung nach dem sogenannten Galmeiverfahren hergestellt. Bei diesem archaischen Verfahren wurde nicht metallisches Zink, sondern Galmeierz eingesetzt. Das darin enthaltene, damals als Reinmetall noch völlig unbekannte Zink trat hierbei nicht visuell in Erscheinung und entzog sich jeglicher Anschauung, was zu mancherlei Irritationen Anlass gegeben hat.

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Galmei aus dem Steinbruch Bernardshammer.
Sammlung und Foto: F. Holtz, H. Wotruba.

Die technologischen Eigenarten dieses Verfahrens führten dazu, dass man Messing nicht als Legierung, sondern als gefärbtes Kupfer betrachtete. Man beachte hierzu auch die Ausführungen zur lokalgeschichtlichen Bedeutung des Begriffes Kupfer.

Bei der Messingherstellung nach eben diesem Verfahren ergab sich eine deutliche Gewichtszunahme des eingesetzten Metalls, wobei diese Zunahme in der damaligen Fachsprache als Messingzubrand bezeichnet wurde. Auch dieses Phänomen ließ sich seinerzeit nicht so recht erklären. Heute wissen wir natürlich, dass sich besagte Gewichtszunahme durch das im Tiegel unsichtbar freiwerdende, legierungsbildende und damals noch nicht bekannte Zink ergab. Durch dieses Phänomen ließ man sich aber verständlicherweise nicht lange irritieren. Man wird sogar ganz froh gewesen sein, wenn man 100 kg Kupfer einsetzte und nach dem Brennen ca. 140 kg gelbes Kupfer aus dem Tiegel gießen konnte.

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In Dinant gefertigter Messingleuchter
Foto: F. Holtz
Das Galmeiverfahren war bis zum Ende des 18. Jahrhunderts Stand der Technik und hätte somit eigentlich an jedem beliebigen Ort Anwendung finden können. Es muss daher zunächst überraschen, dass sich das Messinggewerbe gerade in unserer Region (Dinant, Aachen, Stolberg) etablieren und konzentrieren konnte. Auch hierfür liefern die technischen Gegebenheiten des Galmeiverfahrens eine plausible Erklärung.

Obwohl das Messing nur etwa 30 % Zink und ca. 70 % Kupfer enthält, überstieg die einzusetzende Galmeimenge das eingebrachte Kupfergewicht um das Doppelte. Auf Grund dieser Relation der Einsatzstoffmengen (2 Teile Galmei, 1 Teil Kupfer) war es aus wirtschaftlichen bzw. logistischen Gründen fast zwingend erforderlich, das Messinggewerbe in unmittelbarer Nähe der Galmeilagerstätten anzusiedeln. Diese örtliche Nähe zu natürlichen Galmeilagern war sowohl in Dinant als auch in Aachen und Stolberg gegeben.

 

Der Wert des Messings
Da das Metall Zink deutlich preisgünstiger ist als Kupfer und man bei der Messingherstellung dem relativ teuren Kupfer das weniger teure Zink zusetzt, liegt der Messingpreis heute geringfügig unterhalb des Preises für reines Kupfer. Aus heutiger Sicht ist Messing also zumindest tendenziell billiger als unlegiertes Kupfer.

In früherer Zeit, als metallisches Zink noch unbekannt war und das Messing noch nach dem Galmeiverfahren hergestellt werden musste, waren die Verhältnisse bezüglich des Preises und der Wertschätzung des Messings völlig anders. Zur Zeit des römischen Reiches beispielsweise war Messing um ein mehrfaches teurer als Kupfer, wobei letzteres zur damaligen Zeit auch schon einen vergleichsweise hohen Marktwert besaß. Aus dem hochpreisigen Messing wurden folglich Gerätschaften hergestellt, die man nach heutigem Sprachgebrauch dem Marktsegment des gehobenen Bedarfs zuordnen müsste. Hieraus folgt nahezu zwingend, das die Lokalitäten, wo man Messing herstellen konnte, eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung erlangten.

Zu diesen Lokalitäten gehörte auch der Wirtschaftsraum südlich von Stolberg, wo in den Bereichen Büsbach, Breinig, Breinigerberg, Mausbach und Gressenich der Galmei, zusammen mit weiteren Erztypen (insbesondere Bleiglanz), direkt an der Tagesoberfläche zu finden war. Es ist heute völlig unstrittig, dass die Römer nicht nur die hier anstehenden Bleierze, sondern auch den Galmei metallurgisch genutzt haben. Strittig und nach wie vor ungeklärt ist allerdings die Geschichte um ein römisches Messinggefäß, welches in der Archäologie als Hemmoorer Eimer einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hat.

 

Hemmoorer Eimer
Das erste Gefäß dieser Art wurde kurz nach 1900 in Hemmoor bei Cuxhaven gefunden. Dieser Ort wurde später ganz generell namengebend für diesen Gefäßtyp. Unabhängig vom geographischen Fundort der nachfolgend noch aufgetauchten Messinggefäße des gleichen Typs, werden diese heute zusammenfassend als „Hemmoorer Eimer“ bezeichnet. Wie wir auf Grund zahlreicher Fundereignisse wissen, erstreckte sich das Verbreitungsgebiet der Hemmoorer Eimer vom Donauraum bis ins südliche Skandinavien.

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Hemmoorer Eimer, Niedersächsisches Landesmuseum.

Bei der Betrachtung eines solchen Fundstückes muss man natürlich berücksichtigen, dass es fast 2000 Jahre im Boden gelegen hat und während dieser langen Zeit zwangsläufigerweise gehörig Patina ansetzen musste. Auch der etwas despektierliche Ausdruck „Eimer“ trägt dazu bei, dass man den ursprünglichen Wert dieser Gefäße heute nicht mehr auf den ersten Blick erkennt. Zur Zeit ihres Gebrauches glänzten diese Behältnisse in der typischen Messing-Farbe, die stark an Gold erinnerte. Häufig waren sie am oberen Rand mit einem umlaufenden Relief-Fries versehen. Bei näherem Hinschauen lässt sich erkennen, dass die Bildfriese mit eintauschiertem Silber und farbigen Emaille-Einlagen verziert waren. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Hemmoorer Eimer keine „Eimer“, sondern prachtvolle Prunkgefäße gewesen sind, die eindrucksvoll von der damaligen Wertschätzung zeugen, die man dem Werkstoff Messing entgegenbrachte.

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Hemmoorer Eimer
nach Waller K. 1959.
Diese Wertschätzung manifestiert sich auch durch den Umstand, dass Messinggerätschaften, zusammen mit anderen Wertmetallen bzw. Wertgegenständen, häufig Teil von sogenannten Verwahrfunden gewesen sind. Vergrabene Bodendepots dieser Art wurden bei Angriffen der germanischen Volksstämme von der römischen Provinzialbevölkerung in der Hoffnung angelegt, die gehorteten Schätze später wieder ausgraben und verwenden zu können. In der Neuzeit ausgegrabene Verwahrfunde aus jener Zeit geben natürlich einen guten Überblick über die Art der damals gebräuchlichen Wertgegenstände.

Die auffällige Ähnlichkeit von Form und Ausführung aller gefundenen Exemplare sowie die Gleichartigkeit der in den Zierfriesen verwendeten Stilelemente muss, bei der ungewöhnlich großräumigen Verteilung der unterschiedlichen Fundpunkte, in der Tat überraschen und ist nur unter Annahme einer zentralen Fertigung vernünftig erklärbar. Berücksichtigt man fernerhin die Komplexität des Herstellverfahrens, so dürfte sich auf Grund der erforderlichen Kenntnisse bzw. Erfahrungen durchaus auch ein Zwang zur Konzentration der Messingfertigung ergeben haben.

Als Herkunftsregion für diese Hemmoorer Eimer kommt u.a. das Gebiet um Stolberg in Frage, da sich der zur Messingherstellung erforderliche Galmei hier finden ließ und römischer Bergbau für unsere Region und auch für den fraglichen Zeithorizont eindeutig belegt ist. Allerdings erheben auch andere Gegenden (z.B. Wiesloch bei Heidelberg) den Anspruch, zentraler Fertigungsstandort für die Hemmoorer Eimer gewesen zu sein. Unabhängig davon, wo die Hemmoorer Eimer tatsächlich hergestellt worden sind, lässt die Wertschätzung, die man dem Messing ganz allgemein entgegenbrachte, den Schluss zu, dass Standorte der Messingherstellung zu römischer Zeit eine herausgehobene wirtschaftliche Bedeutung hatten.


Messing in der lokalen Sagenwelt
Es deutet vieles darauf hin, dass sich die Bedeutung des römischen Messings und die Bedeutung der hiesigen Region in den uralten Sagen und Erzählgeschichten widerspiegelt, die insbesondere in den früheren Erzschürfgebieten erzählt wurden. So soll es vor undenklichen Zeiten in unserer Gegend eine außergewöhnlich große Stadt mit Namen Gression gegeben haben, deren Bewohner auf Grund des hier umgehenden Bergbaus zu unermesslichem Reichtum gekommen sein sollen. Wie die Namensähnlichkeit bereits vermuten lässt, soll das Zentrum dieser Sagenstadt dort gelegen haben, wo sich heute der Ort Gressenich befindet. Bei dem realen Gressenich und dem sagenumwobenen Gression haben wir es mit einer Örtlichkeit zu tun, die im Bereich ergiebiger Erzfelder gelegen war, die noch zur Zeit der Stolberger Kupfermeister (16. bis 18. Jahrhundert) den zur Messingherstellung erforderlichen Galmei lieferten.

Sagenstadt Gression
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Skizze: F. Holtz

Wie die Sage weiter berichtet, verführte der gewaltige Reichtum die Bürger zu Lasterhaftigkeit und Völlerei. Ein Strafgericht Gottes führte letztlich zur Vernichtung des gesamten Stadtgebietes. Obschon derartige Sagenkomplexe generell von zweifelhaftem historischen Wert sind, lässt insbesondere das Verschwinden dieser Sagenstadt an die Frankeneinfälle und an den Niedergang des römischen Reiches denken.

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Quelle: Bersch 1898
Weitere Geschichten erzählen von hilfsbereiten, gutmütigen Zwergen (Killewittchen und Quärrismännchen), die tagsüber in Bergwerken arbeiteten und nachts den Bauern und Handwerkern zur Hand gingen. Von den Killewittchen, die kurz bei Hastenrath gelebt haben sollen, wird berichtet, sie hätten vor ihrem Verschwinden lange in der Erde gegraben, die kostbaren Schätze verpackt und diese mitgenommen.

Nun gibt es tatsächlich genau dort, wo die Killewittchen gehaust haben sollen, in den hier gut ausgebildeten Karsthöhlen spektakuläre Kalkspatbildungen. Ob Kalksinter, Tropfsteine, Tropfleisten oder Calcitkristalle, diese Bildungen sind allesamt von wirklich hervorragender, modellhafter Erscheinungsform. Man könnte also durchaus vermuten, dass es sich hierbei um die besagten Zwergenschätze handelt.

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Kalkspatkristalle aus dem “Killewittchen“-Steinbruch
Sammlung u. Foto: F. Holtz

Es gibt aber auch eine weitere, eine ganz andere Möglichkeit, das Motivelement der kostbaren Zwergenschätze zu deuten. Dieser Interpretationsansatz geht davon aus, dass sich in den Geschichten um unsere lokalen Zwerge ursprünglich eine Symbiose aus römischen Hausgeistern und römischen Bergleuten widerspiegelt. Somit wären mit dem Einfall der Franken und dem Abzug der Römer natürlich auch die Zwerge verschwunden.

Und vielleicht haben die Zwerge bzw. die römischen Bergleute keinen wirklichen, tatsächlichen Schatz mitgenommen. Was sie möglicherweise mitgenommen haben, war das Geheimnis um Galmei und um die Herstellung von Messing. Und dieses Geheimnis, dieses Wissen, war damals nun tatsächlich so wertvoll wie ein kostbarer Schatz. Nach dem Fortgang der Römer hat es in der Tat bis zum Mittelalter, also über 600 Jahre gedauert, bis man in unserer Gegend wieder das damals so kostbare Messing herstellen konnte.

 

Dinant und Dinanderien
Eine Wiederbelebung der Messingtradition in unserer Gegend vollzog sich im Hochmittelalter (um die Jahrtausendwende) in der heute belgischen Provinz Namur, und hier wiederum in den Ortschaften Huy bzw. insbesondere in Dinant. Auch hier konnte man in den umliegenden Erzfeldern auf den zur Messingherstellung damals unentbehrlichen Galmei zugreifen.

Man könnte natürlich jetzt darüber nachdenken, ob nach der langen Unterbrechung in der regionalen Messingtradition das eigentlich altbekannte Galmeiverfahren neu erfunden werden musste. Dieses Frage muss letztlich offen bleiben, da die Messingherstellung im Mittelmeerraum ohne längere Unterbrechung fortgeführt wurde und es sich bei der regionalen Wiedereinführung (wahrscheinlich) um Technologie-Transfer gehandelt hat.


Zelliger Galmei aus den Lagerstätten um Stolberg.
Sammlung u. Foto: F. Holtz
Es gibt aber noch einen weiteren Aspekt, der in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen ist. Eine Anwendung des Galmeiverfahrens setzt nicht nur die Kenntnis der einzelnen Verfahrensschritte und die Verfügbarkeit von Galmei voraus. Man musste natürlich auch den unscheinbaren Galmei als solchen erkennen. Es ist also durchaus möglich, dass die damalig entstehende Messingproduktion nicht nur durch das Vorhandensein des Galmeis initiiert wurde, sondern hauptsächlich durch die Erkenntnis, dass es sich bei dem recht unspezifisch aussehenden Gestein, das es hier zu finden gab, um eben diesen wertvollen Erztyp handelte.

Im Laufe seiner Entwicklung beherrschte der Wirtschaftsraum um Dinant den gesamten europäischen Messingmarkt. Musterhäuser wurden beispielsweise in Aachen sowie Köln unterhalten und auch in London besaßen die Messingkaufleute Dinants eine Niederlassung, die Dinanter Halle. Fernerhin gehörte Dinant als einzige wallonische Stadt der Hanse an.

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Messingleuchter aus Dinant
Foto: F. Holtz
Kennzeichnend für Dinant waren kunstvoll aus Blech getriebene Arbeiten, was den Kupferschlägern oder Batteurs ihre Berufsbezeichnung gab. Das Dinanter Messinggewerbe brachte bedeutende Kunstwerke, vorwiegend zur sakralen Verwendung, hervor. Der Ausdruck Dinanderien steht auch heute noch als Synonym für handwerklich getriebenes Ziergerät aus Messing. Der blühende Wirtschaftsraum um Dinant fand seinen Niedergang im Jahre 1466 nachdem die Bürger Dinants sich in stolzer Selbstüberschätzung auf kriegerische Auseinandersetzungen mit dem Herzog Philipp von Burgund u. seinem Sohn, dem späteren Karl dem Kühnen, eingelassen hatten. Hierbei wurde Dinant völlig zerstört. Die überlebenden, plötzlich mittellos gewordenen Batteurs (Kupferschläger) wanderten nach allen Richtungen aus, unter anderem auch in die freie Reichsstadt Aachen.

 

Aachener Messing
Obschon es vereinzelt Berichte gibt, die bescheidende Anfänge eines Aachener Messinggewerbes schon für die Zeit vor 1466 andeuten, entwickelte sich die Messingproduktion in Aachen erst nach dem Zuzug der Batteurs aus Dinant zu einer ausgeprägten Hochblüte. Rückblickend erscheint dies überraschend und wenig verständlich, da die sehr günstigen Standortvoraussetzungen ganz offensichtlich auch vorher schon, also bereits zur Dinanter Hochblüte, in Aachen gegeben waren.

Fernerhin haben die aus Dinant geflohenen Batteurs, die völlig mittellos in der neuen Heimat ankamen, die Aachener Messingindustrie sicherlich nicht alleine aufbauen können. Auch die Namen der führenden Aachener Kupfermeisterfamilien wie beispielsweise Schleicher oder Peltzer deuten darauf hin, dass nicht die Batteurs, sondern wohlhabende Patrizierfamilien die Weiterentwicklung des Messinggewerbes bestimmten. Es sieht also ganz so aus, als ob es sich damals um einen klassischen Technologie-Transfer gehandelt hat.

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Gegossene Messingplatte zwischen zwei Gießsteinen, Modellinstallation Zinkhütter Hof,
Foto: F. Holtz.
Während die Batteurs (offenbar mehr oder weniger bereitwillig) das technische „know-how“ beisteuerten, haben Patrizierfamilien Anschubfinanzierung geleistet und die entstehenden Unternehmen dominiert. Für diese Annahme spricht fernerhin die Tatsache, dass das Aachener Messinggewerbe nicht die Tradition der „Dinanderien“ fortsetzte, sondern in zunehmendem Maße Gerätschaften des täglichen Gebrauchs herstellte.

Eine gewisse Zurückhaltung bei der Weitergabe von technologischem „know-how“ ist auch aus heutiger Sicht durchaus verständlich. Ein in diesem Sinne interessantes Beispiel ergibt sich aus den Verhältnissen, die in Wiesloch vorlagen. Wiesloch liegt kurz bei Heidelberg und besaß einige Erzgruben, die über Jahrhunderte auf silberhaltigen Bleiglanz bauten.

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Bleiglanz in Schalenblende, Wiesloch. Sammlung u. Foto: F. Holtz.

Bei der hier vorliegenden Lagerstättenkonstellation fiel bei diesen Schürftätigkeiten auch qualitativ guter Galmei an. Zu Zeiten, als die Batteurs bzw. Kupfermeister der hiesigen Gegend bereits gutes Geld mit Galmei und Messing verdienten, wurde in den Wieslocher Gruben der anfallende Galmei nicht gefördert, sondern als Versatzmaterial (zum Verfüllen alter, ausgeerzter Stollen) benutzt, weil man offenbar für diesen Galmei keine metallurgische Verwendung hatte.

 

Messing in der Alchemie
Auf Grund des besonderen und damals rätselhaften Umstandes, dass sich beim Galmeiverfahren ein Metall von goldartigem Glanz bzw. von goldartiger Farbe ergab, entsprach das klassische Verfahren der Messingherstellung in ganz besonderer Weise der Gedankenwelt der Alchemisten.

Im Zusammenhang mit der Messingherstellung spielte die sogenannte Krebsformel eine gewisse Rolle. Hierbei handelt es sich um eine geheimnisvolle, symbolhafte Zauberformel (Symbolstenogramm) aus dem Bereich der Alchemie, die sich ursprünglich auf die Herstellung des Steins der Weisen (des Goldes) bezogen haben soll. Es gibt allerdings auch Interpretationsansätze, die in diesem geheimnisumwitterten Symbolkonstrukt eine Anleitung zur Herstellung des Messings sehen.

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Krebsformel

Manche Alchemisten glaubten (oder gaben vor), sie hätten mit dem Galmeiverfahren das Geheimnis der Goldherstellung gefunden. Zahlreiche europäische Fürstenhäuser sind durch dieses Verfahren bewusst oder unbewusst getäuscht bzw. betrogen worden. Derartige Einzelbegebenheiten sollten nun allerdings nicht zu dem Schluss verleiten, die Zunft der Alchemisten habe ganz generell mit unseriösen Mitteln unseriöse Ziele verfolgt.

Als Zentralpunkt der mittelalterlichen Alchemie stand die Vorstellung, alle natürlichen Stoffe könnten durch Umwandlung in beliebig andere Stoffe überführt werden. Hinsichtlich der Methodik stand das Experiment im Vordergrund, so dass eine mit empirischem Wissen durchsetzte Lehre entstand, aus der sich später die streng naturwissenschaftliche Chemie entwickelte. Die Grundidee einer potenziell möglichen Umwandlung aller Stoffe bezog sich auch auf das Herstellen von Edelmetallen, insbesondere auf das „Machen“ von Gold. Dies entsprach auch der damaligen Vorstellung von der natürlichen Entstehung der Edelmetalle, die durch eine zunehmende Veredelung von Zinn zu Silber und von Silber zu Gold gebildet worden seien.

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Darstellung der Heiligen Anna in der Pfarrkirche von Gressenich.
Foto: Werner Olbertz:.
Diese Auffassung hat auch die mittelalterliche Symbolik stark beeinflusst. Gold, das edelste aller Metalle, stand nämlich als Symbol für Jesus Christus. Das weniger edle Silber symbolisierte die Gottesmutter Maria, während Zinn als Sinnzeichen für die heilige Anna (Mutter Marias) stand. In der genealogischen Entsprechung wurde also Zinn zu Silber und Silber zu Gold.

Dies drückt nicht nur die damalige Vorstellung von der Entstehung der Edelmetalle aus, sondern man glaubte hierin auch das Ideal einer stetigen Vervollkommnung zu erkennen. Diese Auffassung findet ihren Ausdruck in der üblichen Darstellungsform der heiligen Anna, die meist als "Anna selbdritt" gezeigt wird. In der Umgangssprache ist der Ausdruck "selbdritt" stark antiquiert, entsprach aber unserem heutigen "zu dritt". Die heilige Anna wird also meist zusammen mit ihrer Tochter und ihrem Enkelkind dargestellt.

Wie bereits erwähnt, spielte in der Alchemie der Stein der Weisen eine gewisse Rolle. Hierunter stellte man sich einen Wunderstein vor, der unedles Metall in Gold verwandelte. Unter der Voraussetzung einer gewissen Glaubensbereitschaft musste die damalige Methode der Messingherstellung und der dabei involvierte Galmei stark an den uralten Mythos um den Stein der Weisen erinnern.


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