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Vorindusrielle Zeit

Frühindustrialisierung

Regionale Spitzen-
technologie

 

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Wirtschaftsstrukturen in der Region Aachen
zu vor- und frühindustrieller Zeit. 

Der frühere Kreis Aachen bzw. die heutige Städteregion erstreckt sich von der Kölner Tieflandbucht (Bördenlandschaft) über die sogenannte Vennfußfläche (sanftes Hügelland mit tief eingeschnittenen Tälern) bis zur Nordeifel (ausgeprägter Mittelgebirgscharakter) und bietet somit ein äußerst heterogenes, abwechslungsreiches Landschaftsbild. Ungeachtet der naturräumlichen Unterschiede lässt sich das Aachener Land als historischer, eng verflochtener Wirtschaftsraum definieren und begreifen.

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Vennfußfläche und Ausläufer des Eifelgebirges.

Die ursprünglich in England entstandene und auf Kontinentaleuropa übergreifende Industria­lisierung erreichte über Frankreich und Belgien im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts auch den Großraum Aachen, Stolberg, Eschweiler. Auf Grund einer Vielzahl von günstigen Stand­ortbedingungen entstand hier im 19. Jahrhundert eine Industrielandschaft, die als erstes und äl­testes, zusammenhängendes Industrierevier Deutschlands gelten und als Wiege der deutschen Indus­trie bezeichnet werden kann.

 

Vorindusrielle Zeit
Aber auch in der vorindustriellen, frühen Neuzeit war die Region von wirtschaftlicher Bedeutung und bildete gewissermaßen eine Schicksalsgemeinschaft stark un­terschiedlicher Teilregionen.

Während die mittelalterlichen Handwerker ihre Pro­dukte noch in Einzelfertigung hergestellt hatten, setz­ten sich mit beginnender Neuzeit arbeitsteilige Fer­tigungsmethoden durch. Komplizierte Arbeitsabläufe wurden in einzelne Arbeitsgänge zerlegt, die von spezialisierten, teilweise nur angelernten Arbeitskräf­ten ausgeführt werden konnten.

Auf Grund limitierter Ressourcen wie bspw. Wasser­kraft und/oder Arbeitskräfte sowie der teilweise ent­wicklungshemmenden Zunftstatuten verloren die Städ­te mit beginnender Neuzeit zunehmend ihr Gewerbe­monopol und es entstanden nicht nur in Stadtnähe, sondern weit verstreut über das ganze Land gewerblich stark verdichtete Teilregionen mit un­terschiedlichsten Wirtschaftsaktivitäten.

 

 

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Zentrum des Eifeler Tuchgewerbes: Das Rotes Haus in Monschau, Foto Monschau-Touristik.

Insbesondere das Textilgewerbe ließ eine viel breitere geographische Erstreckung zu als dies bei vielen anderen Gewerbezweigen der Fall war. Hauptgrund hierfür ist sicherlich das ver­gleichsweise geringe Gewicht der Rohwolle und der textilen Zwischenprodukte gewesen, so dass weite Transportwege in Kauf genommen werden konnten. Dieser Umstand erlaubte auch eine verlagsmäßig organisierte Heimarbeit der Spinn- und Webprozesse. Garne, ungewalktes, ungerauhtes sowie ungeschorenes Gewebe konnten zur Weiterverarbeitung durchaus dorthin vergeben werden, wo noch Arbeitskräfte zur Verfügung standen. Dies war auch deshalb mög­lich, weil in nahezu allen Örtlichkeiten durch saisonale (meist im Winter) durchgeführte bäuer­liche Tätigkeiten bezüglich des Spinnens und Webens Erfahrungen vorlagen.

In großen Bereichen der südlich angrenzenden Eifel erlaubten die Boden- und Klimaverhält­nisse keinen intensiven Ackerbau und die bäuerliche Bevölkerung war auf Nebenerwerb an­gewiesen. Entsprechende Arbeitsgelegenheiten wurden gerne wahrgenommen. Heimarbeiter und Berufs­pendler konnten somit zu niedrigeren Löhnen beschäftigt werden als städtische Arbeitskräfte.

 

Als weiteres Beispiel für die enge interregionale Ver­zahnung können die übergreifenden Wirtschaftsstruk­turen in den Bereichen Metallhütten und Forstwirt­schaft gelten. Man denke nur an das das historische Eisenhüttengewerbe im oberen Vichttal (Mulartshütte Vicht, Zweifall,) sowie in den Tälern von Wehe, Kall und Olef.

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Frischöfen zur Herstellung von Stahl aus Roheisen, Foto F. Holtz.

Bis gegen Ende des 18. Jh. ließen sich Eisen und Stahl nur durch den Einsatz enormer Holz­kohlenmengen gewinnen. Hauptsächlich auf Grund des Fällens von Kohlholz gab es gegen Ende des 18. Jahr­hunderts in der Eifel kaum noch Hochwaldbestände. Nahezu flächendeckend war lediglich noch Krüppel­holz vorhanden. Nach dem Fällen der Hochwälder (meist Buche) wuchsen aus den verbliebenen Baum­stümpfen neue Triebe (Stockaustrieb). Im Laufe von 30 bis 40 Jahren wuchsen sie zu Stämmen heran und konnten dann wieder zum Brennen von Holzkohle ge­nutzt werden.

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Holzkohle, unentbehrlich für die vorindustrielle
Eisen- und Stahlgewinnung, Foto F. Holtz.

Als zu Anfang des 19. Jahrhunderts die kostspielige Holzkohle in der Metallurgie durch den Einsatz von Koks entbehrlich wurde, begann man in der gesamten Nordeifel mit der großflä­chigen Anpflanzung von relativ schnell wachsendem Fichtenwald, der eine ökonomisch loh­nende Forstwirtschaft erwarten ließ. Fichtenstämme fanden u.a. in den Bergwerken als Gru­benholz Verwendung. Insbesondere in den Steinkohlegruben des Inde- und Wurmreviers wur­den große Mengen Fichten- und Kiefernholz zum Ausbau und Abstützen (Verzimmerung) der Stollen unter Tage benötigt.

Die Verwendung von Nadelholz im Grubenbau hat ne­ben der Schnellwüchsigkeit einen weiteren, bedeuten­den Vorteil. Bei gefährlich hohem Gebirgsdruck auf die Verzimmerung von Bergwerksstollen beginnt Na­delholz hörbar zu reißen (zu kreischen, wie der Berg­mann sagt), so dass die Bergleute sich mit einem be­herzten Sprung aus der Gefahrenzone retten können. Hartholz wie bspw. Eiche oder Buche hingegen würde ohne jegliche Vorwarnung brechen und dem Berg­mann keine Chance lassen.

Seit einigen Jahren ist man bemüht, die ausgedehnten Fichtenbestände wieder durch Laubwald (vornehmlich Buche) zu ersetzten, so dass ökologisch wertvolle, noch attraktivere Landschaftsstrukturen neu entstehen.

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Herbstlicher Laubwald mit Blick auf Burg Monschau,
Foto: Winfried Schlepütz, Mützenich.

 

Nahezu modellhaft lässt sich der Wirtschaftsraum Aachener Land am Beispiel der ehemaligen Messingproduzenten darstellen. Diese sogenannten Kupfermeister waren zunächst in Aachen tätig und verlegten ihre Betriebsstätten um die Wende von 16. zum 17. Jh. nach Stolberg. Bei der Beschaffung der zur Messingherstellung erforderlichen Betriebsstoffe wurden die unterschiedlichen Gegebenheiten der Region nahezu flächendeckend genutzt.

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Galmeimühle aus dem 16. Jh. in Stolberg.

 

Frühindustrialisierung

Stadtgebiet Aachen
Obschon Aachen in der heutigen Zeit kaum als Industriestadt wahrgenommen wird, war nicht nur die Region, sondern auch die Stadt selbst von der beginnenden Industrialisierung in hohem Maße betroffen. Man denke bspw. nur:

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In Aachen hergestellter PKW der Firma Fafnir, Foto Zinkhütter Hof.

 

Eschweiler- und Stolberger Raum
Eine gewichtige Rolle bei der Industrialisierung der Region spielten auch die Städte Eschwei­ler und Stolberg, wobei sich in beiden Fällen schon deshalb eine überörtliche Komponente er­gibt, weil die hier entstehenden Industriebetriebe teilweise zu den damals noch eigenständigen Gemeinden Eilendorf, Büsbach, Gressenich und Weisweiler gehörten. 

Auf Grund der Nutzung von gemeinsamen Boden­schätze (hauptsächlich Kohle und Erz) durch den Eschweiler Bergwerks-Verein, durch die Gesellschaft für Bergbau und Zinkfabrikation in Eschweiler sowie durch die Gesellschaft für Bergbau, Blei- und Zink­fabrikation zu Stolberg ergänzten sich die Kupfer­stadt Stolberg und die Indestadt Eschweiler spätestens zu frühindustrieller Zeit in geradezu idealer Weise:

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Christine-Schacht im Grubenfeld Birkengang.

Diese Entwicklung wurde nicht nur durch den Einsatz lokaler Ressourcen ermöglicht. Durch den Bedarf an Arbeitskräften war in zunehmendem Maße auch das Umland, die gesamte Aachener Region durch Umsiedlung und durch partielle Urbanisierung betroffen.

Fernerhin ergaben sich im Rahmen der damals bestehenden Möglichkeiten im näheren und weiteren Umland Berufspendelbewegungen, die je nach Entfernung und Verkehrsanbindung in täglichem oder wöchentlichem Rhythmus erfolgten und das Aachener Land bis tief in die Eifel erfassten.

 

Erze und Kohle
Letztendlich waren die naturräumlichen Ge­gebenheiten und die bauwürdigen Lagerstätten, die einen profitablen Abbau von Zink-, Blei- und Eisenerzen sowie Steinkohle erlaubten, ausschlaggebende Voraussetzung für die stürmische, frühindustrielle Entwicklung der Region.

Beim Abbau von Erz und Kohle in vorindustrieller Zeit waren die Abbauteufen nicht nur in Stolberg durch das Grundwasserniveau begrenzt. Sobald die zulaufenden Grubenwässer mit den damaligen Möglichkeiten (bspw. Pferdegöpel) nicht mehr beherrschbar waren, musste man die Schürfstelle auch dann aufgeben, wenn sich die Lagerstätte zur Teufe hin offenkundig weiter fortsetzte. In solchen Fällen blieb nichts weiter übrig, als im Gelände nach einem neuen, noch nicht ausgebeuteten Ansatzpunkt zu prospektieren.

Diese Situation und die bergbautechnischen Möglichkeiten änderten sich grundlegend durch den im 19. Jahrhundert möglich gewordenen Einsatz von dampfbetriebenen Wasserhaltungsmaschinen, die ein Vordringen in größere Teufen erlaubten.

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Dampfmaschinen jedoch brauchten natürlich Steinkohle, die bei den erforderlichen An­triebsleistungen und den relativ schlechten Wirkungsgraden früherer Konstruktionen in riesigen Mengen herangeschafft werden musste. Bei der 1919 geschlossenen Erzgrube Diepenlinchen bspw. überstieg der zum Be­trieb der Wasserhaltung erforderliche Bedarf an Kohle (Gewichtseinheiten) in den letzten Betriebsjahren die Erzfördermengen zum Teil ganz erheblich.

Und diese so dringend benötigte Steinkohle lag nur wenige Kilometer von den Erzlager­stätten entfernt, nämlich im Bereich Birken­gang, Atsch und Münsterbusch. Hier wird nun ganz besonders deutlich, warum in und um Stolberg eine bedeutende Industrieregion entstehen konnte, deren Entwicklung durch die besonderen geologischen Gegebenhei­ten ermöglicht wurde. Während die Erzlager­stätten bereits über Jahrhunderte die Entwick­lung geprägt hatten, wurde nunmehr die Lagerstättenkombination - Erze im Süden und Kohle im Norden - zum bestimmenden Wirtschafts- und Standortfaktor. Erze und Kohle, genau diese Konstellation war ent­scheidend für den gewaltigen Erfolg unserer Wirtschaftsregion in frühindustrieller Zeit.

Da Kohle sowohl für die Erzverhüttung als auch für die Erzförderung (Wasserhaltung) benötigt wurde, war das Transportwesen in Form eines Pendelverkehrs organisiert. Auf dem Weg von den Erzgruben zu den Hütten wurde Erz transportiert, während auf dem Rückweg von den Hütten, die sich (fast) aus­schließlich im Bereich der Kohlegruben be­fanden, zu den Erzgruben Kohle mitgenom­men werden konnte, um den dortigen Ener­giebedarf (hauptsächlich für die Wasserhal­tung) abzudecken.

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Grube Diepenlinchen, Dampfmaschinen zur Wasserhaltung,
Archiv W. Hamacher.

Nur die Bleihütte Binsfeldhammer bildete in­sofern eine Ausnahme, als dass sie als einzige von insgesamt sieben Metallhütten außerhalb des Kohlegürtels lag, der sich nordwestlich von Stolberg erstreckte. Es mag wie Ironie des Schicksals erscheinen, aber ausgerechnet die Bleihütte Binsfeldhammer mit ihrem ur­sprünglich suboptimalen Standort hat alle an­deren Metallhüttenwerke des Stolberger Raums überlebt und ist auch heute noch in Betrieb.

 

Glas und Quarzsand
Auch für die Glasindustrie boten die Standortgegebenheiten mit sowohl Quarzsand- als auch Steinkohlelagerstätten sowie mit den mächtigen Kalkstein- bzw. Dolomitformationen, beste und vielversprechende Voraussetzungen.

Ergiebige lokale Sandgruben befanden sich beispielsweise zwischen Atsch und Eilendorf. Auch waren die Lagerstätten von Nivelstein bei Herzogenrath, wo qualitativ höchstwertiger Sand (SiO2-Gehalt von über 99 %) abgebaut wurde, in erreichbarer Nähe. Obwohl der Sand aus den Stolberger Gruben als Gemengesand (Schmelzsand) weniger begehrt war, spielte dieser (nicht ganz so hochwertige Sand) bei der Spiegelglasherstellung als Schleifsand eine bedeutende Rolle. In den Spiegelglashütten wurde in Relation zum Schmelzsand etwa die doppelte Menge Schleifsand benötigt.

Letztlich entstanden in Stolberg insgesamt 11 Glashütten. Auch heute ist am Standort Schnorrenfeld noch eine moderne Floatglashütte der Firma St. Gobain in Betrieb.

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Glashütte Schnorrenfeld um 1920, Bildquelle: MÖLLER, H. (2001)

Eine gewisse Konzentration des Glasgewerbes und auch der Metallhütten ergab sich für den nordwestlichen Bereich des heutigen Stadtgebietes in den Ortsteilen Münsterbusch und Atsch. Dies dürfte erstens daran gelegen haben, dass in unmittelbarer Nähe Steinkohle abgebaut wurde, die fast ohne Transportaufwand zum Beheizen der Schmelzöfen eingesetzt werden konnte. Bezüglich der Glashütten bestand zweitens der Vorteil einer guten Erreichbarkeit der wichtigsten Sandlagerstätten.

 

Grube Centrum
Mit der seit 1805 von den Familien Wültgens und Englerth bzw. später vom EBV betrieben Grube Centrum entstand im Eschweiler Kohlberg das zur damaligen Zeit bedeutendste, in Privatbesitz befindliche Steinkohlenbergwerk Deutschlands. Förderraten, Belegschaftsstärke sowie die technische Ausrüstung der Grube ließen hinsichtlich der Indestadt den Beinamen „Wiege des rheinischen Bergbaus“ entstehen. 

Zur technischen Ausrüstung der Grube gehörte auch eine dampfbetriebene Pumpenanlage, die 1793/94 an der Stolberger Straße, Ecke Luisenstraße errichtet wurde. Mit dieser Anlage begann im Aachener Steinkohlenrevier die Ära der Dampfkraft. Das Gebäude der Anlage ist in wenig erfreulichem Zustand, aber als authentischer Zeitzeuge immerhin noch vorhanden. 

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Foto: F. Holtz.

 

Regionale Spitzentechnologie
In einer Vielzahl von Fachgebieten erreichte die Teilregion Stolberg-Eschweiler eine Technologieführerschaft, die teilweise das Adjektiv „welt­weit“ für sich in Anspruch nehmen kann. Hierzu gehören bspw.:

 

Rhenania
Der Rhenania-Ofen, der in der Stolberger Rhenania entwickelt wurde und über Jahr­zehnte weltweit zum Rösten von Zinkblen­de Verwendung fand. Dieser Ofentyp stell­te die Endstufe einer stetigen, 1882 abge­schlossenen Verfahrensoptimierung dar, deren einzelne Entwicklungsstadien mit den Begriffen Hasenclever-Ofen und Ha­senclever-Helbig- Ofen belegt sind

Die 1852 gegründete Chemische Fabrik Rhenania, die auf Grund zahlreicher tech­nischer Neuerungen in der Soda-Technolo­gie anerkanntermaßen zur weltweit perfek­testen und produktivsten Leblanc-Soda Fabrik avancierte.

 

Birkengangofen
Der in der Zinkhütte Birkengang entwickelte Birkengangofen, welcher zwecks besserer Wärme- bzw. Brennstoffausnutzung mit einem Regenerativ Wärmekam­mer System arbeitete. International wurde dieser Ofentyp unter dem Namen „Rhe­nish Furnace“ bekannt. 

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Birkengangofen, Quelle: Tafel, V. (1953).

 

Spiegelglashütte
Die von der Aachener Spiegelmanufaktur um 1850 errichtete Spiegelglashütte Münsterbusch, deren Spiegelglasproduktion erstmals in Deutschland mit einer voll mechanisierten Schleif- und Polieranlage zur Herstellung von Spiegelglas arbeite­te. Nach der 1863 vollzogenen Übernahme durch Saint Gobain wurde der Betrieb zum Standort Schnorrenfeld ins Stolberger Tal verlegt, wo bis auf den heutigen Tag Spiegelglas nach modernsten Verfahren hergestellt wird.

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von links nach rechts: Wohnsiedlung, Glashütter Weiher, Spiegelglashütte,
Bildquelle: MÖLLER, H. (2001)

 

Diepenlinchen
Die 1907 errichtete neue Aufbereitungsan­lage der Erzgrube Diepenlinchen. Diese Anlage mit einer Tageskapazität von 257 Tonnen Haufwerk galt damals nicht nur in Deutschland als eine der fortschrittlichsten ihrer Art. Ähnlich wie viele andere Indus­triebauten dieser Zeit war das äußere Er­scheinungsbild dieser Anlage vom dekorati­ven Stil der spät-historistischen Phase be­einflusst (Repräsentationsarchitektur). 

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Aufbereitung der Erzgrube Diepenlinchen, Archiv W. Hamacher.

 

RWTH Aachen
Ein naturgemäß stark überörtlicher und überregionaler Einfluss ging von der RWTH aus, die 1870 als „Königlich Rheinisch-Westphälische Polytechnische Schule zu Aachen“ eröffnet wurde. An der Entstehung der Hochschule waren bedeutende Persönlichkeiten beteiligt, die den Bau des neuen Polytechnikums maßgeblich unterstützt haben. Zu den Protagonisten der Hochschulgründung gehörten auch die beiden Stolberger Industriepioniere Friedrich Wilhelm Hasenclever und sein Sohn Robert, wobei sich letzterer auch beim Hochschulbetrieb als Dozent engagierte.

Bis auf den heutigen Tag liefert die RWTH nicht nur der Technologie-Region Aachen wirt­schaftlich verwertbare, höchst wertvolle Impulse.

 

Urfttalsperre
Als besonders schönes Beispiel gegenseitiger Verflechtungen und Beziehungen zwischen Aachen, Hochschule und Region kann ein Industrie-Ensemble gelten, das in schönster, idyllischer Bilderbuchland­schaft direkt am Rand des Nationalparks zu finden ist. Die Anlage nutzt den zwischen Rurtal­sohle und Urftsee bestehenden Höhenunterschied von etwa 110 m zur Erzeugung elektrischer Energie.

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Urfttalsperre, Foto: Monschauer Land Touristik e.V.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde mit fortschrei­tender Industrialisierung auch eine entsprechende Wasserwirtschaft erforderlich. Der Charakter der Mit­telgebirgsbäche, die sporadisch extremes Hochwasser führten, andererseits in Trockenperioden jedoch fast zu versiegen drohten, verlangten zur Sicherung der Wasserversorgung nach Regulierung durch die Errich­tung von Talsperren. Darüber hinaus gewann der elek­trische Strom, der sich durch das aufgestaute Wasser erzeugen ließ, als höchst flexibel einsetzbare Energie­form rapide an Bedeutung.

Unter der Generalplanung des Aachener Professors Dr. Otto Intze wurde 1900 bis 1905 die Urfttalsperre als das damals größte Talsperrenprojekt des Kontinents gebaut und mit einer Wasserkraftanlage in Heimbach kombiniert. Der mit dem Betrieb der Urfttalsperre erzielt Er­folg war Auslöser für weitere Wasserbauprojekte im In- und Ausland, wobei die Urfttalsperre als die Wiege des modernen Talsperrenbaus galt. 

Das zur Urftalsperre gehörende Wasserkraftwerk ist ein Kleinod ganz besonderer Art. Dieser Ausdruck be­zieht sich sowohl auf die Architektur des Gebäudes als auch auf sein Interieur, wo heute neben zwei modernen Turbinen auch alte, museal auf­bereitete Technik zu bestaunen ist. Während frühin­dustrielle Zweckarchitektur vorwiegend von historis­tischen Stilelementen geprägt war, haben wir es bei diesem Bauwerk mit einem der schönsten Beispiele des deutschen Jugendstils zu tun.

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Jugendstil-Kraftwerk Heimbach, Foto: Rureifel-Tourismus.

Die Anlage leitete 1905 die Elektrifizierung der Regi­on ein. Über ein fast 400 Kilometer langes Freilei­tungsnetz wurden die Stadt Aachen, weite Bereiche der Eifel sowie Teile von Köln mit elektrischer Ener­gie versorgt. Neben dem musealen Bereich besitzt das Kraftwerk seit den 1970er Jahren zwei moderne Turbinen mit insgesamt 16 Megawatt Leistung.

Text: Friedrich Holtz

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