Alphabet der Heimatkunde
Unterwegs in Stolberg:
Die Oberstadt,
von der Schart
zum Grünenthal.
Die Unterstadt, vom Untersten Hof zum Rosental.
Hört Ihr Leut und lasst Euch sagen...
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Altstadtrundgang,
Gassen, Kirchen, Burgromantik.
Route und Stationen: 1. Schart 2. Offermannplatz 3. Burgstraße 4. Alter Markt 5. Kupferhof Rose 6. Vogelsangkirche |
7. Burg 8. Burgstraße 9. Finkenberggasse 10. Finkenbergkirche 11. Kupfermeisterfriedhof 12. Schart |
Kupferhof Schart |
Die sogenannte Schart (direkt am Heinrich Böll Platz gelegen) eignet sich bestens als Startpunkt für einen Altstadtrundgang, da sich sowohl Parkplätze als auch ein Haltepunkt der Euregio-Bahn in unmittelbarer Nähe befinden. Ebenfalls ganz in der Nähe ist auch die Stolberger tourist-info zu finden. Ein geführter Altstadtrundgang wird jeden ersten Samstag im Monat um 15 Uhr von der Stolberger tourist-info angeboten. |
Der ehemalige Kupferhof Schart wurde kurz vor 1600 von Leonhard Schleicher für seine Söhne als Doppelhofanlage erbaut. Ursprünglich befanden sich die (heute noch sichtbaren) Eingangstore in der Nordseite des Gebäudekomplexes, an der heutigen Schartstraße. Der Brückenzugang über den Vichtbach sowie das prächtige Eingangsportal an der Westseite der Anlage wurde erst später angefügt.
Das heutige Erscheinungsbild geht auf einen um 1808 durchgeführten Umbau zurück. Die Schart erfuhr 1719 als erster Kupferhof eine Nutzungswandlung, als Mathias von Asten dort eine Tuchfabrik einrichtete. 1874 fiel die Anlage an die Stadt u. wurde als Kinderverwahranstalt, Stadtbücherei und Schule genutzt. Heute befindet sich in der 1986 renovierten Anlage u.a. ein Gastronomiebetrieb.
Nach dem Überschreiten der Vichtbrücke sehen wir die als Torbogen ausgeführten ehemaligen Zugänge zu dieser Hofanlage. Der hintere Torbogen führt in einen recht kleinen Innenhof, der die engen Verhältnisse der frühen Kupferhöfe veranschaulicht.
Hinterer Innenhof der Schart |
Folgt man der schräg gegenüberliegenden Straße, erreicht man nach ca. 100 m eine nach links abzweigende Brücke, die zum Offermann-Platz führt. |
Hier entstand um 1760 ein Tuchmacherhof, welcher von der aus Monschau stammenden Familie Offermann betrieben wurde. Das alte, aus Bruchstein errichtete Herrenhaus liegt direkt an der Vicht und dient heute als Wohnanlage. Der teilbegrünte, öffentlich zugängliche Platz wird häufig und gerne als Ruhe- bzw. Begegnungszone genutzt, die zum Verweilen in reizvoller Altstadtatmosphäre einlädt.
In diesem Bereich der Altstadt, in der Schartstraße also, war im 15. Jh. ein gewisser Kristian Neven von der Scharten ansässig, der als Erbauer und Lehensträger des wahrscheinlich ältesten Reitwerkes im heutigen Stadtkerngebiet gilt. Dieser Kristian Neven wird somit als erster und ältester Stolberger Hammerschmied bezeichnet und nannte sich folglich auch Kristian Hammersmede. Die von ihm errichtete Anlage wurde 1497 von Heinrich Dollart übernommen und wurde fortan als Dollartshammer bezeichnet.
Wenn man dem weiteren Verlauf der Schartstraße folgt, erreicht man nach einem scharfen Rechts- Linksknick eine überbaute Durchfahrt, die zur Burgstraße führt. Folgt man diesem Straßenzug nach rechts, findet man nach wenigen Metern auf der rechten Seite ein stattliches Bruchsteinhaus, über dessen Eingangsportal ein goldener Adler angebracht ist. |
Bei diesem Bauwerk handelt es sich um das ehemalige Herrenhaus der ersten und ältesten Kupferhofanlage im Stolberger Raum, die von Leonhard Schleicher 1575 errichtet wurde. Diese Anlage wird gelegentlich auch als "Schleicher's Hof" bezeichnet. Im Herrenhaus dieses Kupferhofes wurde 1790 die Adlerapotheke als eine von später 7 Landapotheken des Kreises Aachen eingerichtet. Das Gebäude diente bis weit nach dem 2. Weltkrieg ununterbrochen als Apotheke und wird heute als Wohnhaus genutzt.
Nach etwa weiteren 50 Metern liegt rechts der "Alter Markt", wo bei entsprechender Jahreszeit und gutem Wetter auch Außengastronomie geboten wird. |
An der nord-östlichen Ecke dieses Platzes befindet sich der ehemalige Kupferhof "Alter Markt", der mit der in früherer Zeit als Rose bezeichneten Anlage identisch sein dürfte. Der Hof wurde wahrscheinlich vor 1600 von Lambert Schleicher dem Jüngeren erbaut. Das Äußere der Anlage wird heute geprägt durch eine in den 1870er Jahren angebrachte Putz- und Stuckfassade.
Nach dem Durchschreiten des Eingangstores erreichen wir einen geräumigen Innenhof, der heute nach Süden offen ist. Ursprünglich befand sich auch hier ein Gebäudeflügel, so dass der Innenhof gänzlich umbaut war. Es handelte sich also um eine sogenannte geschlossene Hofanlage, die man nötigenfalls auch verteidigen konnte. Diese Bauform kann als charakteristisch für die frühen Kupferhöfe gelten.
Die zwischenzeitlich vom Verfall bedrohte Anlage ist mittlerweile renoviert und dient heute als sogenannter Kunsthof mit Ateliers mehrerer Künstler.
Wenn man den Innenhof wieder verlässt und um das Bauensemble herumgeht, findet man an der rückwärtigen Seite eine unscheinbare Außenfassade, die nahezu unverändert geblieben ist. An diesem Beispiel lässt sich erkennen, wie abweisend sich das äußere Erscheinungsbild eines frühen Kupferhofes ursprünglich darstellte. Anfänglich baute man also einfache, zweckdienliche Anlagen ohne jeden repräsentativen Anspruch, was sich im weiteren Verlauf der Geschichte jedoch grundlegend ändern sollte.
Wenige Meter weiter sieht man hinter der Bushaltestelle an der linken Straßenseite eine Bruchsteinmauer mit vorgelagertem Treppenaufgang. |
Nach Erreichen des ersten Treppenabsatzes sieht man rechts hinter einer Eisenpforte die Vogelsangkirche mit einem vorgelagerten, kleinen Friedhof. Das vergleichsweise bescheidende Bauwerk dürfte eines der ältesten lutherischen Gotteshäuser links des Niederrheins sein. Die Anlage wurde in den Jahren 1647/48 von der lutherischen Gemeinde erbaut und hat ihre schlichte, aber sehr ansprechende Gestalt bis heute bewahrt.
Fast übergangslos schließt sich der eigentlichen Kirche das Pfarrhaus an, so dass die eigentliche Funktion des Gebäudekomplexes nicht ohne weiteres zu erkennen ist. Lediglich die Apsis an der Ostseite und die Form der Kirchenfenster deuten in der Außenansicht auf einen Sakralbau hin.
Von dem kleinen, hinter der Pforte gelegenen Kirchenvorplatz sieht man auf der gegenüber liegenden Talseite einen weiteren, stattlichen Kirchenbau mit Zwiebelturm, die ebenfalls evangelische Finkenbergkirche. Der augenfällige Unterschied in der Bauausführung beider Kirchen wird mit der ehemaligen Sozialstruktur der Kirchengemeinden erklärt.
Während die vorwiegend aus Hammer- und Ofenknechten zusammengesetzte lutheranische Gemeinde sich lediglich die bescheidene, versteckte Vogelsangkirche leisten konnte, erbauten die wohlhabenden, protestantischen Kupfermeister die eindrucksvolle Finkenbergkirche, welche, im Vergleich zur Vogelsangkirche, auch heute noch als Herrenkirche wahrgenommen wird. Stifterwappen der Familien Peltzer und Schleicher zeigen allerdings, dass die Kupfermeister auch zum Bau dieser kleinen Kirche beigetragen haben.
Wenn man von der Pforte aus dem leicht ansteigenden Weg folgt, erreicht man nach mehreren Kehren und Treppenabsätzen eine Grünfläche. |
Das parkartige Gelände war in früherer Zeit der erste Friedhof in Stolberg, der sogenannte Burgfriedhof. Die etwas erhöhte Lage erlaubt einen reizvollen Ausblick auf die verschachtelte Altstadt.
Rechts des Schotterweges in Richtung Burg findet sich ein wuchtiges, aus Blaustein gehauenes Kreuz, welches an den früheren Friedhof erinnert und im Volksmund Pestkreuz genannt wird.
Nach passieren des Torbogens befindet man sich bereits auf dem Burggelände. Zwei Treppenaufgänge führen zum oberen Burghof. |
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Die Burganlage wird heute vorwiegend als Veranstaltungs- und Begegnungsstätte genutzt. Im Obergeschoss befindet sich die Burggalerie, ein großzügig angelegter Raum, wo regelmäßig Kunstausstellungen stattfinden. Das Mittelgeschoss mit Rittersaal und Kemenate dient als Veranstaltungsort für Konzerte, private sowie öffentliche Feiern etc. Die Kemenate wird u.a. als Standesamt genutzt, wo regelmäßig Hochzeitstermine angeboten werden. Im Untergeschoss lädt die Burggastronomie zum Verweilen und zur Stärkung ein. Bei entsprechender Wetterlage wird auch Außengastronomie angeboten.
Der Vorbau mit dem Eingangsportal zum Burginnern ist ein Überbleibsel des um die Wende vom 19. zum 20. Jh. ausgeführten Umbaus. Da sich in seinem Innern ein großzügiger Treppenaufgang zum Rittersaal befindet, blieb dieser Vorbau bei dem Rückbau der Burg in den 1950er Jahren erhalten und fügt sich harmonisch in das Gesamtbild der Burganlage ein.
An der westlichen Seite des Hofes führt zwischen dem Hauptbau und dem vorgelagerten Rundturm ein Treppenabgang zum unteren Burghof. Es ist allerdings empfehlenswert, einen kurzen Abstecher zur anderen Seite zu machen. Geht man um den gewaltigen Bergfried herum, so erreicht man an der Südseite eine kleine Terrasse, die einen beeindruckenden Ausblick auf die Torburg, auf die St. Lucia Kirche und auf den unteren Burghof bietet.
Auf dem weiteren Weg (nochmals wieder um die Burg herum) findet sich an der westlichen, zur ehemaligen Kemenate gehörenden Giebelaußenwand die etwas vorgelagerte Kontur des ursprünglichen Kamins. An der Eingangsseite des großen, mit einem Wehrgang überbauten Burgtores befindet sich oberhalb des Durchganges die erkerartig ausgebildete Pechnase.
Zur anderen Seite hin taucht die moderne Industriekulisse des ehemaligen Hammerfeldes auf, wo sich aus den ersten Anfängen im 15. Jh. zunächst ein Gewerbe- und später ein Industriestandort entwickelte. Die Koexistenz von beschaulicher Altstadt und modernem Wirtschaftsleben in unmittelbarer Nachbarschaft liefert einerseits einen scharfen, unerwarteten Kontrast. Andererseits wird deutlich, dass das traditionelle Messinggewerbe Grundlage war für eine moderne metallverarbeitende Industrie, die im Laufe der Zeit durch weitere Industriesparten ergänzt wurde.
Der untere Burghof gibt alsdann den Blick frei auf die eindrucksvolle Blausteinformation des Burgfelsens mit der darauf thronenden Burg. Auf der anderen Seite befindet sich der etwas tiefer gelegene und ebenfalls zugängliche Burgkräutergarten.
Nach Osten schließt sich die trutzig wirkende Torburg mit ihrem malerischen Innenhof an. Dieser Gebäudekomplex entstand kurz nach 1900 im Zuge des bereits erwähnten Burgumbaus. Trotz seiner späten Entstehung wirkt dieses Teilensemble nicht als Fremdkörper, sondern trägt durchaus zum romantischen Flair der Gesamtanlage bei. In der Torburg befindet sich ein heimatkundliches Museum.
Nach Verlassen des Burggeländes durch die Torburg erreicht man nach wenigen Schritten die katholische Pfarrkirche St. Lucia. |
Die unmittelbare Nähe zur Burg deutet bereits darauf hin, dass sich die Lucia-Kirche aus der ursprünglichen Burgkapelle entwickelt hat, deren Anfänge bis ins 14. Jh. zurückgehen. Neben der örtlichen Nähe und der historischen Beziehung ergibt sich - auf Grund gleicher bzw. ähnlicher Stilelemente und durch die Verwendung des heimischen Bruchsteins als Baumaterial - auch ein architektonisch augenfälliger Bezug zur Burganlage.
Die anfänglich der Heiligen Dreifaltigkeit geweihte Burgkapelle wurde 1650 zur Pfarrkirche mit St. Lucia als Pfarrpatronin. Die Entwicklung von Burg und Kirche nahm im 18. und 19. Jh. einen völlig unterschiedlichen Verlauf. Während die Zeit der Burgen endgültig vorbei war und auch die Stolberger Burg in zunehmendem Maße verfiel, entwickelte sich aus dem ursprünglichen Kapellenbau nach und nach die heutige Kirche.
In einem ersten Hauptbauabschnitt entstand um 1750 ein größeres Langhaus mit einem nach Art eines Dachreiters aufgesetzten Turm, dessen Grundkonstruktion bis heute erhalten blieb. Etwa 100 Jahre später wurde das Langhaus nach Osten erweitert und erhöht. Durch den Anbau von zwei Seitenschiffen entstand eine dreischiffige Basilika mit anschließendem Chorraum. Der Turmschaft wurde ebenfalls erhöht und erhielt einen spitzen geradlinigen Turmhelm.
Die Bauform ist also stark vom 19. Jh. geprägt und kann als Ausdruck des beginnenden Historismus gelten. Die dominierenden Stilelemente sind am ehesten der Neoromanik zuzurechnen.
Der barock anmutende Zwiebelhelm des heutigen Turmes stammt aus den frühen 1950er Jahren und harmoniert sehr gut mit dem Westturm der Burganlage.
Der weitere Weg führt entlang der Lucia-Kirche zurück zum "Alter Markt", wo man nach rechts wieder in die Burgstraße einbiegt. Kurz vor der Adler-Apotheke folgt man der nach links abzweigenden Finkenbergasse. |
Unmittelbar vor der scharfen Linkskurve erkennt man rechts die noch verbliebenen Nebengebäude des bereits bekannten, ehemaligen Kupferhofes.
Wenige Schritte weiter findet sich rechts der Treppenaufgang zur Finkenbergkirche. Von dem über der Altstadt gelegenen Kirchenvorplatz bietet sich dem Besucher der wohl bekannteste Ausblick auf die Stolberger Altstadt mit Burg und Lucia-Kirche im Hintergrund.
Die den Platz im Osten abschließende Finkenbergkirche ist aus einem im 17. Jh. errichteten Vorgängerbau entstanden. Unter der Leitung des bekannten Baumeisters Tillmann Roland entstand die gegenwärtige Bauform in den Jahren 1688 (Fertigstellung des Turms) bis 1725 (Einweihung des Kirchenschiffes).
Bezüglich des Standortes wird gelegentlich die Vermutung geäußert, dass die durchaus standesbewussten Kupfermeister ihr Gotteshaus nicht zufällig, sondern mit Bedacht gegenüber der Burg und auf gleicher Augenhöhe mit dem Burgherrn errichteten.
Nach wenigen weiteren Treppenstufen erreicht man den hinter der Kirche gelegenen Kupfermeisterfriedhof mit einer Vielzahl von eindrucksvollen, aus Blaustein gehauenen und wappengeschmückten Grabplatten der Kupfermeisterfamilien. Das eben erwähnte Standesbewusstsein der Kupfermeister wird auch hier deutlich. Nicht nur die schiere Größe der Grabplatten, sondern auch deren Gestaltung und insbesondere der Wappenschmuck zeugen von Selbstwertgefühl und sozialer Stellung. Das Führen von Familienwappen war nämlich für die bürgerlichen Kupfermeister nicht selbstverständlich, sondern ein durch Einfluss und Wohlstand erworbenes Privileg, welches ursprünglich dem Adel vorbehalten war.
Folgt man dem Weg entlang der Friedhofsmauer, so trifft man auf eine steile Querstraße, die nach rechts (bergab) zum Ausgangspunkt der Tour zurück führt. Es bietet sich jedoch auch die Gelegenheit, im Cafe oder auf der Terrasse des kurz oberhalb gelegenen Parkhotels eine abschließende Pause einzulegen. |
----- Text: Friedrich Holtz, Fotos: Axel Pfaff -----
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