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Die Unterstadt, vom Untersten Hof zum Rosental.

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Kupferhof Stöck

Die Unterstadt,
vom Untersten Hof zum Rosental.

Die zum Betrieb der Kupferhöfe erforderliche Nutzung der Wasserkraft resultierte in eine weiträumige Besiedelung des Vichttales mit einer Vielzahl von Einzelhöfen. Einige davon sind auch heute noch gut erhalten und geben auch der Unterstadt reizvolle, pittoreske und unverwechselbare Elemente.

Route und Stationen:
1. Weide (Eisenbahnstr.)
2. Unterster Hof
3. Hof Stöck
4. Bierweiderstraße
5. Roderburgmühle

6. Pümpchen
7. Blaustraße
8. Bastinsweiher
9. Rathausstraße
10. Kupferhof Rosental

In der Umgangssprache bezeichnen die Stolberger den gesamten Bereich der Unterstadt als "Mühle"; und tatsächlich zeigt schon eine aus den Jahren 1544 stammende Darstellung im unteren Vichttal zwei Mühlengebäude.

Ellermühle
Jan-Ravens-Mühle

Zu berücksichtigen ist hierbei allerdings, dass mit dem Begriff Mühle in früherer Zeit nicht nur Kornmühlen gemeint waren, sondern unterschiedlichste technische Einrichtungen mit diesem Ausdruck belegt wurden. Dies trifft auch für den hier vorliegenden Fall zu, denn die nach ihrem Besitzer (Johann Raven) benannte Jan-Ravens-Mühle wurde beispielsweise als Galmeimühle genutzt. Begünstigt durch die Topographie des vichtabwärts breiter werdenden Tales entstand hier im 17. und 18. Jahrhundert eine Vielzahl von Gewerken, die nahezu ausschließlich dem Messinggewerbe dienten. Einige dieser Anlagen blieben zumindest teilweise erhalten und sind Ziel der nachstehend vorgeschlagenen Route.

Der Ausflug beginnt an der Straßenkreuzung, die von der Eisenbahnstraße, Europastraße und Eschweiler Straße gebildet wird. Dieser Punkt ist sowohl per PKW (Parkmöglichkeiten vorhanden) als auch mit öffentlichen Buslinien (Haltestelle Mühlener Brücke) bequem zu erreichen. Wenige Schritte vom Kreuzungsbereich entfernt liegt an der Europastraße auf der rechten Seite der Eingang zum Kupferhof Weide.

WeideDie Ursprünge der von Simon Lynen erbauten Weide gehen auf das Jahr 1615 zurück. Insbesondere die Giebel und Dachaufbauten des Eingangsflügels wurden um 1905 durch Emil Schleicher entsprechend der damaligen Zeitströmung umgestaltet. Nachdem das prächtige Herrenhaus in Zweiten Weltkrieg zerstört and später durch einen Neubau ersetzt wurde, hat das Erscheinungsbild des Innenhofes seinen ursprünglichen Reiz weitestgehend verloren.

Trotz der massiven baulichen Eingriffe der jüngeren Vergangenheit vermittelt das Anwesen auch heute noch den Eindruck einer geschlossenen, verteidigungsfähigen Hofanlage. Der Grundriss der Anlage kann somit als typisches Beispiel eines frühen Kupferhofes gelten. Im Innenbereich des Hofes befindet sich auf der rechten Seite noch ein schmuckes Originalgebäude aus dem Jahr 1723.

Von der Weide führt der Weg bis zur Kreuzung zurück und dann in die nach links abzweigende Eisenbahnstraße. Nach ca. 100 m hat man einen schönen Blick auf die links liegenden Anlagen des Untersten Hofes.

Obschon die in einem parkartigen Gelände liegende Baugruppe des Untersten Hofes sich heute ebenfalls als geschlossene Hofanlage darstellt, ist sie ursprünglich nicht als solche angelegt worden. Anfänglich bestand die Anlage lediglich aus zwei, mit den Giebelseiten aneinander gebauten Mühlengebäuden, die um 1612 von Franz Östlinger (Ostlender) und Servaes von der Weiden errichtet wurden. Jede dieser beiden Mühlen bestand aus zwei Wasserrädern mit je drei Hämmern zum Austreiben von Kupfer bzw. Messing. Insofern ist der Unterste Hof mit seiner ursprünglichen Architektur kein typischer Kupferhof, da keine geschlossene Bauform und zunächst offenbar auch keine Messingöfen vorhanden waren.

Ebenfalls atypisch ist die späte Bauzeit des von der Straße aus zu sehenden Herrenhauses, welches erst um 1850 von Eduard Schleicher errichtet wurde. Das heutige Hauptgebäude entstand also zu einer Zeit, als die Blüte des traditionellen Messinggewerbes längst vorbei war, und die Kupfermeisterfamilie Schleicher bereits auf die industrielle Massenproduktion von Halbzeug umgestiegen war.

Der Entschluss der Familie Schleicher, diesen traditionellen Kupferhof trotz industrieller Weiterentwicklung als Stammsitz beizubehalten und auszubauen, führte dazu, dass die alte Kupferhofanlage sowohl von den Eigentümern als auch im Volksmund "Hof Bleibtreu" genannt wurde.

In Verbindung mir einer von der Tourist-Info angebotenen Führung sind sowohl Park als auch Innenhof dieser interessanten Anlage zugänglich.

Den Innenhof betritt man durch ein 1712 entstandenes Torhaus, welches oberhalb des Torbogens das Wappen der Familie Schleicher zeigt. Im Innenhof liegt rechts das ursprüngliche, 1612 errichtete Mühlenhaus, dem sich nach Süden hin ein nur kurze Zeit später angebauter Wohntrakt anschließt.

BretanierDirekt vor dem alten Mühlenhaus liegt eine dicke Granitplatte, die in früherer Zeit als Gießstein zur Herstellung von Plattenmessing Verwendung fand. Steinplatten dieser Art nannte man früher Bretanier oder Bretanische Steine. Sie wurden in den Häfen der Bretagne verladen, wovon sich die damals umgangssprachliche Bezeichnung ableitet. Der eigentliche Ursprung dieser Steinplatten waren Steinbrüche in der Normandie.

BleibtreuAuf der linken Seite des Herrenhauses befindet sich eine um 1900 von Emil Schleicher angebaute Jugendstilgalerie. Die nebeneinander liegenden Felder des Fachwerkes bilden einen Fries mit Darstellungen der traditionellen Handelszeichen der Kupfermeister, den sogenannten Mircken. Hierbei handelt es sich (von links nach rechts) um die Handelszeichen von: Leonhard Schleicher (1591), Serveas von der Weiden (1612), Heinrich Hansen (1584), Johannes Markant (1686), Mathis Peltzer (1583) und Jeremias Hoesch (1661). Den rechten Abschluss des Frieses bildet eine Abbildung des späteren Firmenlogos der Stolberger Metallwerke, die sich bis vor wenigen Jahren im Besitz der Familie Schleicher befanden.

Vom Untersten Hof führt der Weg zurück zur Europastraße, wo kurz vor dem Bahnübergang die Straße "An der Mühle" nach links abzweigt. An diesem Straßenzug liegt als erstes Gebäude auf der linken Seite der Kupferhof Stöck.

WappenDas Torhaus zum 1726 errichteten Kupferhof Stöck zeigt eine Wappendarstellung (Allianzwappen) des Erbauerehepaares Peltzer - Prym. Grundriss und Innenhof der Stöck deuten erneut auf die traditionelle Bauform einer geschlossenen Hofanlage hin. Die Fassade des Herrenhauses blieb in seiner ursprünglichen Form erhalten, während die übrigen Gebäudeteile durch Kriegseinwirkungen teilweise zerstört wurden. Seit dem Wiederaufbau dient die Stöck als Wohnanlage. Häufig wird das Anwesen auch neue Stöck genannt, da es einen Vorgängerbau (die alte Stöck) gegeben hat, der sich rechts des heutigen Gebäudekomplexes befand.

OchsenaugeDirekt oberhalb des prächtigen Eingangsportals zum Herrenhaus ist ein ovales, von Blausteinblöcken umrahmtes Fenster zu sehen. Diese Art Fenster wird in der lokalen Umgangssprache Ochsenauge genannt. Das aus der Barockzeit stammende Stilelement fand in der hiesigen Region auch noch im 19. Jh. häufig Verwendung und ist an vielen Häusern zu beobachten. In fast Allen Fällen besteht die Einfassung aus einem geteilten, mehr oder weniger kunstvoll behauenen Blausteinblock.

Gegenüber der Toreinfahrt zur Stöck befindet sich die Bierweiderstraße, deren Verlauf man bis zur nach links abbiegenden "Roderburgmühle" folgt. Hier hält man sich links und nach wenigen Metern biegt man erneut nach links in die Dammgasse ein. An der Einmündung zum Mühlener Markt findet man auf der linken Seite die Reste der ehemaligen Roderburgmühle.

Der Kupferhof Roderburgmühle entstand aus dem Zusammenschluss der in der Einleitung bereits erwähnten Jan-Ravens-Mühle mit der benachbarten Feldmühle. Dieser Zusammenschluss kann als Keimzelle einer umfangreichen vorindustriellen Ansiedlung gelten, die sich im 17. u. 18. Jahrhundert in der unmittelbaren Umgebung entwickelte und aus einer Vielzahl von Anlagen bestand, darunter auch die auf unserer Tour bereits besuchten Höfe. Das neue Herrenhaus der Roderburg wurde 1615 von Heinrich Petzer erbaut.

Bild
Jan Ravens Mühle,
Aquarell nach
Walschaple
von G. Dodt

Um die Wende vom 19. zum 20. Jh. war in der Roderburgmühle eine Fabrik für Stecknadeln sowie Haken und Ösen der Firma Schleicher untergebracht. Der 1983 zusammen mit dem Mühlener Markt renovierte Kupferhof wird heute als Wohnanlage genutzt.

Vom Mühlener Markt geht es wieder zurück zur Bierweiderstraße, in die man jetzt aber nach links einbiegt. Nach einer kleineren S-Kurve zweigt eine kleine, enge Straße mit Namen "Pümpchen" nach rechts ab. Hier geht man durch eine Eisenbahnunterführung und folgt der nächsten Querstraße nach links. Nach wenigen Schritten kann man rechts ein größeres Bruchsteingebäude, ein früheres Pumpenhaus, erkennen.

PümpchenDieses Pumpenhaus gehörte zur James-Grube, einer Steinkohlenzeche, deren ursprüngliches Hauptgebäude auf der hinter dem Pumpenhaus ansteigenden Höhe (Münsterbusch) gestanden hat. Die hier installierten Dampfpumpen sorgten für die Wasserhaltung, dem Abpumpen also von zufließenden Grubenwässern. Die James-Grube wurde nach ihrem Besitzer James Cockerill benannt, der zusammen mit seinem Bruder John das frühindustrielle Stolberg entscheidend mit geprägt hat.

Obwohl das Grubenfeld bereits zur Kupfermeisterzeit Steinkohle für die Messingöfen lieferte, erlangte die Grube erst in frühindustrieller Zeit ihre eigentliche Bedeutung. Zwischen 1856 u. 1886 lag die jährliche Förderrate der James-Grube bei ca. 40.000 t und in einigen Jahren bei deutlich über 50.000 t.

Wenn man in Blickrichtung Pumpenhaus steht, sieht man links bereits einen Bahnübergang. Nach dessen Überquerung folgt man der nach rechts abzweigenden Blaustraße bis zur nächsten Querstraße. Hier biegt man nach links ab und erreicht nach wenigen Schritten die Rathausstraße.

Auf der gegenüber liegenden Straßenseite liegt der Bastinsweiher. Das Gewässer ist benannt nach der Familie Bastin, die zu frühindustrieller Zeit hier eine Sayette-Spinnerei betrieb. Ursprünglich gehörte diese Teichanlage zum Kupferhof Ellermühle, die am nördlichen Rand des Weihers stand und in den 1950er Jahren wegen Baufälligkeit abgerissen wurde.

Ellermühle (1646/48)
Bastinsweiher um 1950

Das damals Ellermühlenteich genannte Wasser-Reservoire versorgte die Mühlräder aller unterhalb liegenden Gewerke mit Aufschlagwasser.

Dem weiteren Verlauf der Rathausstraße folgend, erreicht man nach ca. 200 m den rechts liegenden Kupferhof Rosental.

Der ehemaliger Kupferhof Rosental wurde 1724 im Auftrag von Johannes Schleicher durch den bekannten Baumeister Tillmann Roland als repräsentative Hofanlage mit prächtigem Brückentor erbaut. Konzeption und Bauausführung des eindrucksvollen Gesamtensembles zeugen von der früheren Bedeutung der Stolberger Kupfermeister.

Mittelpunkt der Baugruppe ist das zweigeschossige Herrenhaus mit zweiachsigem Mittelrisalit, der mit einem weiteren Geschoss in das Walmdach eingeschoben ist. Im Giebeldreieck befindet sich eine eindrucksvoll gestaltete Reliefplastik.

Aurora

Im Gegensatz zu allen anderen Kupferhöfen in Stolberg, ist das Haupthaus mit Steinplatten aus Kalkmergel verblendet, wobei die Fassadengliederung (Fenstereinfassungen u. Abschlusskanten des Mauerwerkes) durch die Verwendung des heimischen Blausteins unterstrichen wird. Nicht nur die zart- gelbe Farbe der Kalkmergelverblendung, sondern auch die Gesamtgestaltung des Bauwerkes, verleihen der Anlage das Gepräge eines kleinen Landschlosses.

Unterhalb des Brückentores lassen sich noch Reste des früheren Wassergrabens erkennen, der allerdings weniger Schutzfunktion zu erfüllen hatte, sondern vielmehr als Reservoir für das Antriebswasser und als dekoratives Gestaltungselement diente.

Als Besonderheit ist der Umstand zu werten, dass die Gebäude des etwas nach links vorgelagerten, ehemaligen Betriebshofes noch erhalten sind. Interessant und aufschlussreich sind hierbei die Größenrelationen zwischen Betriebshof und Wohntrakt. Es ist kaum vorstellbar, aber der relativ kleine Betriebshof erwirtschaftete den Wohlstand, der sich in der Anlage des Herrenhauses manifestiert.

Nach grundlegenden Sanierungsarbeiten in den Jahren 2006 und 2007 erstrahlt die Anlage jetzt wieder in altem Glanz. Die Räumlichkeiten im Erdgeschoss können seither für Tagungen, Seminare, Familienfeierlichkeiten etc. angemietet werden.

Zum Abschluss unserer Exkursion sei auf einen weiteren, ebenfalls sehenswerten Kupferhof verwiesen, der etwas oberhalb an der Steinfeldstraße liegt. Dieser Straßenzug zweigt an der übernächsten Ampel nach links ab. Hier liegt der Hof Grünenthal, der Endpunkt einer anderen Tour ist, die unter dem Punkt "Oberstadt" beschrieben wird. Auf dem Weg dorthin bietet die Rathausstraße reichlich Gelegenheit, eine abschließende Pause einzulegen.

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----- Text: Friedrich Holtz, Fotos: Axel Pfaff -----

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