Alphabet der Heimatkunde
Inhaltsverzeichnis:
Kurzübersicht Frühindustrialisierung
Technische Entwicklungen in der Stolberger Zinkindustrie
Sodaherstellung und Chemische Fabrik Rhenania
Menschen, Technik und Sozialgefüge
Literatur- und Quellenverzeichnis
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Bei den technischen Entwicklungen, die im Zusammenhang mit der Zinkindustrie standen, denkt man immer auch und häufig sogar zuerst an Entwicklungen im Bereich der Rösttechnik, die darauf hinausliefen, die Röstgase nutzbar zu machen. In der Tat waren diese Entwicklungen ganz unmittelbar mit der Zinkindustrie verbunden, aber die eigentlichen Entwicklungsimpulse bezüglich der Rösttechnik kamen - wie bereits ausgeführt - meist aus der chemischen Industrie, die von den Röstgasen und deren möglichst guter Nutzung abhängig war. Bei den Zinkhüttengesellschaften hat es hauptsächlich Entwicklungen auf anderen Gebieten gegeben, die sich u.a. auf einen besseren Ausbringungsgrad des Zinks und auf bessere Brennstoffausnutzung bezogen.
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Der "Lange Hein"
mit St. Heinrichshütte |
Metallausbringung
Ganz wichtig für die Metallausbringung war eine
möglichst
vollständige Entschwefelung der Blende,
ein Vorgang, der ebenfalls Teil des Röstprozesses
war, jedoch mit der bereits besprochenen Nutzung der Röstgase
nicht direkt etwas zu tun hatte. Eine ausreichend gute Austreibung
des Schwefels aus der Blende gelang nur, nachdem man das Roherz
in fein pulverisierter (gemahlener) Form dem Röstprozess
zuführte. Fernerhin kam es darauf an, das fein gemahlene
Röstgut während des Röstvorganges nach einer
als
optimal erkannten Methode immer so zu bewegen (manuell oder
später
mechanisch), dass der Luftsauerstoff zu jedem der kleinen Erzpartikel
freien Zugang erhielt.
Aber auch der Reduktionsprozess selbst hatte natürlich Einfluss auf den Ausbringungsgrad. Die Zinkverluste (das Metall wurde in dampfförmigem Zustand frei) konnten vermindert werden:
Der in der St. Heinrichshütte entwickelte Muffeltyp fand später in fast allen, mit liegenden Muffeln arbeitenden Zinkhütten der Welt Verwendung.
In Verbindung mit der Art der Feuerung ergaben sich weiterhin Verbesserungen in der Zinkausbringung:
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Anordnung von Zinkmuffeln
entsprechend ihrer Positionierung in einem Zinkreduktionsofen. Modellinstallation Zinkhütter Hof. Foto: F. Holtz |
Brennstoffausnutzung
Die gerade eben erwähnten Änderungen in der Art der
Feuerung hatten natürlich nicht nur eine bessere
Metallausbringung
zum Ziel, sondern wurden auch und hauptsächlich zur
Verbesserung
der Brennstoffausnutzung eingeführt. Auf diesem Gebiet war
man fast noch erfolgreicher als bei der Zinkausbringung, denn
in dem Zeitraum von 1850 bis 1930 reduzierte sich der Kohlebedarf
je Gewichtseinheit gewonnenem Zink um glatte 50%.
Betrachtet man die allerersten Maßnahmen in der später recht komplex werdenden Entwicklungskette, so bediente man sich zunächst einer recht einfachen, aber dennoch sehr sinnvollen und effizienten Methode der Wärmeerhaltung. Man baute nämlich jeweils zwei Öfen (mit der Rückwand) direkt aneinander, wodurch Abstrahlung und Abkühlung der Rückwände vermieden wurde.
Der eigentliche Durchbruch gelang aber erst mit der Einführung der Gasfeuerung. Hierbei wurde die Kohle nicht mehr zur direkten Beheizung der Reduktionsöfen, sondern zur Gewinnung von Generatorgas genutzt. Letzteres wiederum diente dann der Ofenbeheizung und hatte den ganz entscheidenden Vorteil, bei der Verbrennung eine Flamme zu entwickeln, die den Ofenraum sehr viel besser ausfüllte als dies bei der bis dahin verwendete Kohle der Fall war. Hierdurch wurde eine grundlegende Änderung der Ofenkonstruktion möglich. Hatte man sich bei der Verwendung der kurzflammigen Kohle noch mit nur einer einzigen Muffelreihe pro Ofen begnügen müssen, konnte man auf Grund der Flammeigenschaften des Generatorgases nunmehr drei Muffelreihen übereinander anordnen.
Ein weiterer Vorteil, der sich durch die Einführung der Gasfeuerung ergab, war die Tatsache, dass man durch die Verwendung der Gasgeneratoren von der Art und Qualität der eingesetzten Heizkohle weitestgehend unabhängig wurde. Es war sogar teilweise gängige Praxis, in den Generatoren auch Braunkohle aus den Lagerstätten der Kölner Tiefebene einzusetzen, die bis kurz hinter Eschweiler (ganz in der Nähe also) im Tagebau gefördert wurde.
Die gleichmäßigere Temperaturverteilung, die durch die Gasfeuerung im Ofenraum erreicht wurde, hatte ebenfalls einen positiven Einfluss auf die Lebensdauer der Muffeln, was in sich schon einen bedeutenden Vorteil darstellte. Da mit der Ausmusterung unbrauchbar gewordener Muffeln zwangsläufigerweise aber auch Zinkrückstände verloren gingen, hatte die Erhöhung der Muffelstandzeit auch eine Verbesserung der Zinkausbringung zur Folge.
Von der Zinkhütte Birkengang ging eine andere Entwicklung aus, die ebenfalls eine wirtschaftlichere Brennstoffausnutzung zum Ziel hatte. Hier wurde das Siemens Regenerativprinzip aufgegriffen und anfänglich zur Vorwärmung der Verbrennungsluft bzw. später auch zur Vorwärmung des Generatorgases benutzt. Ein zweigeteiltes Wärmetauschkammer-System wurde von den heißen Abgasen wechselseitig aufgeheizt. Nach vorgegebenen Zeitintervallen (15 bis 30 Minuten) leitete man Brennluft und Gas durch das vorgewärmte Kammersystem dem Brennraum zu, während die heißen Flammgase wiederum den anderen, mittlerweile abgekühlten Teil des Wärmetauschkammer-Systems erneut aufheizten. Dieser Ofentyp, der ebenfalls mit drei übereinanderliegenden Muffelreihen ausgerüstet war, fand unter dem Namen Birkengang - Ofen oder 'rhenish furnace' (Rheinischer Ofen) weite Verbreitung.
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Bildquelle: TAFEL, V. (1953): Lehrbuch der Metallhüttenkunde, Verlagsbuchhandlung Hirzel, Leipzig. |
Die erzielte Reduzierung des Brennstoffeinsatzes führte zwangsläufigerweise auch zu einer Reduzierung der Abgase, die pro Gewichtseinheit produziertem Zink entstanden. Wenn man die rauchenden Schlote der Münsterbuscher Hütte aus den 50-er Jahren noch kennt, wird man sicherlich auch den ökologischen Wert dieser Entwicklung zu schätzen wissen, denn ohne die verbesserte Brennstoffausnutzung wäre bezüglich der Rauchgasentwicklung und -belastung alles noch viel schlimmer gewesen. Und trotz aller Fortschritte war es immer noch schlimm genug, was sich auch in dem Spitznamen ausdrückte, den man den Münsterbuschern verpasst hatte, und die man wenig schmeichelhaft 'Schwambülle' nannte. Das aber war sicherlich nicht beleidigend gemeint, sondern man hat sie ganz im Gegenteil offensichtlich akzeptiert, die Münsterbuscher mit ihrem Qualm, denn eine andere Redensart behauptete, 'der Kamin müsse rauchen', um wirtschaftlichen Fortschritt sicherzustellen. 'Schwambülle' einerseits und Kamine, die rauchen müssen andererseits, zwei Redensarten, die humoristisch zwar, aber dennoch das Bewusstsein um den ambivalenten Charakter der industriellen Entwicklung verdeutlichten. Die Vor- und Nachteile der fortschreitenden Industrialisierung schufen auch damals schon ein Spannungsfeld, in welchem Redensarten entstehen konnten, die trotz ihrer konträren Aussagen allgemein als stimmig empfunden wurden.
Nun war es aber bei weitem nicht so, dass die (nach der Fusion der beiden großen Gesellschaften weiterbetriebene) Zinkhütte Münsterbusch die einzige Emissions- (Rauchgas-) Quelle gewesen wäre. Auch andere Industriezweige verpesteten die Luft, und hieran hatte neben den Glashütten die chemische Industrie einen beträchtlichen Anteil. Wie bereits erwähnt, befasste sich die hier ansässige Großchemie mit der Sodaherstellung, womit ein Übergang zum letzten größeren Kapitel unserer Standortgeschichte gefunden wäre.
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